Das Erbrecht

Vorbemerkung

Welches Erbrecht gilt seit dem Beitritt auf dem Gebiet der bisherigen DDR?

Seit dem 3. Oktober 1990 gilt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) einschließlich des Erbrechts auch in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen sowie in ganz Berlin (Art. 230 und 235 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch, EGBGB). Die erbrechtlichen Regelungen selbst finden Sie in den §§ 1922 bis 2385 BGB, die Besonderheiten ("Maßgaben") , mit denen diese Regelungen in den neuen Bundesländern in Kraft gesetzt wurden, in Artikel 235 EGBGB (Anlage I Kapitel III Sachgebiet B Abschnitt II Nr. 1 des Einigungsvertrages vom 3{ August 1990 [Bundesgesetzblatt II S.885, 950]).

Das gerichtliche Verfahren regeln das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), die Zivilprozessordnung (ZPO) und das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG). Maßgaben zu diesen Gesetzen finden Sie in Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 (GVG) - mit Besonderheiten für Berlin (siehe Abschnitt IV Nr. 3)-, Nr. 5 (ZPO) und Nr. 28 (Allgemeine Maßgaben) des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 (Bundesgesetzblatt II 5. 885, 922 [GVG], 927, 937 [ZPO und allgemeine Maßgaben] und 938 f. [Berlin]). Für Fälle mit Auslandsbezug (und - entsprechend - für Fälle aus den alten Bundesländern mit Bezug zu den neuen Bundesländern) gilt seit dem 3. Oktober 1990 auch im Gebiet der neuen Bundesländer das Internationale Privatrecht des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Art. 230 Absatz 2 EGBGB); zum Übergangsrecht siehe Artikel 236 § 1 EGBGB (Anlage 1 Kapitel III Sachgebiet B Abschnitt II Nr. 1 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 [Bundesgesetzblatt II S.885, 950]).

Wo finde ich den neuen Gesetzestext?

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Sie brauchen keine komplizierten Gesetzesblätter oder Parlamentsdrucksachen durchzusuchen: Das BGB gibt es in handlichen und preiswerten Ausgaben im Buchhandel. Worauf Sie achten müssen: Mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch soll auch das Einführungsgesetz zum BGB in der Ausgabe abgedruckt sein (meist der Fall); die Ausgabe muss auf dem Stand vom 1. April 1998 sein.

Gilt das Erbrecht des BGB uneingeschränkt?

Wann gilt noch das Erbrecht der DDR?

Das BGB trat am Tag des Wirksamwerdens des Beitritts der DDR (d. h. am 3. Oktober 1990, 0.00 Uhr) in Kraft; das Erbrecht ist mit folgenden Übergangsbestimmungen versehen (Art. 235 EGBGB):

a) Erbfall vor dem 3. Oktober 1990

Hatte der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in der ehemaligen DDR und starb er vor dem 3. Oktober 1990, so bleibt für die erbrechtlichen Verhältnisse das bisherige (DDR-)Recht maßgebend (Art. 235 § 1 Abs. 1 EGBGB). Dieser bewährte Grundsatz hat schon bei Inkraftsetzung des BGB gegolten (Art. 213 EGBGB) und umfasst alles, was mit dem Anfall und dem Erwerb einer Erbschaft in Zusammenhang steht, z. B. auch das Pflichtteilsrecht, die Miterbengemeinschaft und ihre (vielleicht noch nicht erfolgte) Auseinandersetzung, die Erbenhaftung für Nachlassschulden, Gültigkeit und Auslegung von Testamenten. Zu Fällen, in denen der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der alten Bundesrepublik, jedoch Grundvermögen in der ehemaligen DDR hatte, siehe "Nachweis der Erbfolge durch Erbschein"

b) Erbfall nach dem 3. Oktober 1990

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Ist der Erblasser erst nach dem 2. Oktober 1990 gestorben, ist grundsätzlich das Erbrecht des BGB auf den gesamten Erbfall anzuwenden, gleichgültig, ob gesetzliche Erbfolge oder durch ein Testament angeordnete Erbfolge eintritt. Nur die Wirksamkeit der Errichtung oder Aufhebung einer Verfügung von Todes wegen (Testament) aus der Zeit vor dem 3. Oktober 1990 beurteilt sich ausnahmsweise weiter nach bisherigem (DDR-)Recht.

Nach bisherigem (DDR-)Recht beurteilt sich auch weiter die Frage, inwieweit ein Erblasser durch ein gemeinschaftliches Testament gebunden bleibt das er vor dem 3. Oktober 1990 mit seinem Ehepartner errichtet hat (Art. 235 § 2 EGBGB). Es bleibt in diesen Fällen demnach auch bei der Regelung des § 393 ZGB, nach der der überlebende Ehepartner seine im gemeinschaftlichen Testament getroffenen Verfügungen aufheben kann, wenn er sich mit seinem gesetzlichen Erbteil begnügen will.

c) Erbrecht nichtehelicher Kinder

- Ist der Erblasser vor dem 3. Oktober 1990 gestorben und hatte er seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in der früheren DDR, so bleibt für das Erbrecht der vor dem 3. Oktober 1990 geborenen nichtehelichen Kinder des Erblassers das bisherige DDR-Recht maßgebend und zwar auch für die bereits vor dem 1. Juli 1949 geborenen Kinder.

- Ist der Erblasser nach dem 2. Oktober 1990 gestorben und hatte er (nach überwiegender Auffassung: am 2. Oktober 1990) seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der früheren DDR, so gelten für das Erbrecht der vor dem 3. Oktober 1990 geborenen nichtehelichen Kinder des Erblassers die allgemeinen Regeln des BGB über das Erbrecht der ehelichen Kinder; auch hier ist es unerheblich, ob das Kind bereits vor dem 1. Juli 1949 geboren wurde.

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- Ist der Erblasser nach dem 2. Oktober 1990 gestorben und hatte er (nach überwiegender Auffassung: am 2. Oktober 1990) seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der früheren DDR, so ist für das Erbrecht der nach dem 2. Oktober 1990 geborenen nichtehelichen Kinder des Erblassers zu unterscheiden:

- Es finden die bisherigen besonderen BGB-Vorschriften für das Erbrecht nichtehelicher Kinder Anwendung, wenn der Erblasser vor dem 1. April 1998 gestorben ist.

- Es gelten hingegen die allgemeinen Regeln des BGB über das Erbrecht der leiblichen Kinder (in der Fassung ab 1. April 1998), wenn der Erblasser nach dem 31. März 1998 gestorben ist.

Beispielfälle:

- Der Erblasser; der 1989 verstarb, hinterließ u. a. die nichtehelichen Kinder Sabine, geb. 11. Juli 1940, und Karl-Heinz, geb. 25. März 1950.

- Hatte der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Leipzig, so gilt für das gesetzliche Erbrecht von Sabine und Karl-Heinz das Recht der früheren DDR, die das Erbrecht in den §§ 362 ff. des am 1. Januar 1976 in Kraft getretenen Zivilgesetzbuchs (ZGB) geregelt hatte.

- Hatte der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt dagegen in Bonn, so hat Sabine nach ihrem Vater kein gesetzliches Erbrecht; Karl-Heinz erhält hingegen neben weiteren ehelichen Abkömmlingen oder dem Ehegatten des Erblassers nur den Erbersatzanspruch nach den damals geltenden Bestimmungen des BGB.

- Der Erblasser; der 1991 verstarb, hinterließ die nichtehelichen Kinder Jens, geb. 10. März 1949, und Martin, geb. 15. Oktober 1954.

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- Hatte der Erblasser am 2. Oktober 1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Leipzig, so bestimmt sich das gesetzliche Erbrecht von Jens und Martin nach den allgemeinen Regeln des BGB über das Erbrecht ehelicher Kinder.

- Hatte der Erblasser dagegen am 2; Oktober 1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Bonn, so hat Jens kein gesetzliches Erbrecht nach seinem Vater. Für Martin gilt das damals für nichteheliche Kinder geltende Sondererbrecht des BGB, und zwar auch dann, wenn Martin in Dresden geboren wurde und auch noch dort lebt.

- Der Erblasser; der 1995 verstarb, hinterließ das nichteheliche Kind Karin, geb. 4. März 1992.

- Unabhängig davon, ob der Erblasser am 2. Oktober 1990 in Leipzig oder in Bonn seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte, gilt für Karin das damals für nichteheliche Kinder geltende Sondererbrecht des BGB.

- Verstirbt der Erblasser dagegen erst am 2. April 1999, so gelten für seine nichteheliche Tochter Karin die allgemeinen Vorschriften des BGB über das Erbrecht der leiblichen Kinder.

Wenn kein Testament vorhanden ist (gesetzliche Erbfolge)

Zwischen dem Zivilgesetzbuch der früheren DDR und dem Bürgerlichen Gesetzbuch der Bundesrepublik Deutschland gibt es bei der gesetzlichen Erbfolge eine Reihe von Unterschieden; die wichtigsten sind:

- Nach BGB erbt der Staat erst, wenn keinerlei Verwandte (unabhängig vom Grad der Verwandtschaft) mehr als Erben vorhanden sind; nach ZGB hingegen kommt der Staat bereits nach der 3. Ordnung (Großeltern der Erblasserin oder des Erblassers und deren Abkömmlinge) zum Zuge;

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- Nach BGB rücken, wenn Eltern und Großeltern vor dem Erbfall gestorben sind, deren Abkömmlinge schneller in den Kreis der Erben nach als nach ZGB;

- der Anspruch des überlebenden Ehepartners auf den Voraus (Haushaltsgegenstände) kann nach BGB auf diejenigen Gegenstände beschränkt sein, die zur Haushaltsführung notwendig sind (§1932 BGB);

- der Ehepartner erbt nach BGB neben mehreren Kindern meist mehr (in der Regel 1/2), neben anderen Verwandten oft weniger als nach ZGB; leben die Ehepartner in der gesetzlichen Zugewinngemeinschaft des BGB, setzt sich das Ehegattenerbe aus der erbrechtlichen Quote und einem zusätzlichen Viertel aus pauschalem Zugewinnausgleich zusammen (auch für diejenigen Ehepartner die erst mit dem DDR-Beitritt in die Zugewinngemeinschaft gelangt sind - Einzelheiten hierzu in der Broschüre "Ehe- und Familienrecht").

Das ZGB trat am 1. Januar 1976 in Kraft; vorher galt auch im Bereich der früheren DDR noch das BGB (allerdings schon mit manchen Abweichungen). Trat der Erbfall bereits vor 1976 ein, wurde der Rechtswechsel ähnlich wie jetzt bestimmt, d.h. es blieb beim vor 1976 in der ehemaligen DDR geltenden Erbrecht.

Wenn ein Testament errichtet wurde

Unterschiedlich im BGB und im ZGB ist auch geregelt, wie von der gesetzlichen Erbfolge abweichend letztwillige Verfügungen getroffen werden können; insbesondere kann der Erblasser nach BGB Vor- und Nacherbschaft anordnen und Erbverträge schließen, Möglichkeiten, die das ZGB 1976 beseitigt hatte. Wurden unter der Geltung des ZGB letztwillige Verfügungen nicht oder nicht so getroffen, wie man sie gern getroffen hätte, so können jetzt in neuen Testamenten oder Erbverträgen alle Möglichkeiten des BGB ausgeschöpft werden, soweit nicht durch ein früheres gemeinschaftliches Testament Bindungen fortbestehen. Testamente mit der Anordnung von Vor- und Nacherbschaft aus der Zeit vor 1976 wurden gemäß § 8 des Einführungsgesetzes zum Zivilgesetzbuch (EGZGB) grundsätzlich weiter beachtet, wenn der Erbfall ebenfalls vor 1976 eingetreten war (bei späterem Erbfall fielen die Beschränkungen des Vorerben weg).

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Pflichtteilsberechtigt nach BGB sind - falls der Erblasser sie übergeht - der Ehepartner, und auch die Eltern und Abkömmlinge, unabhängig davon, ob sie unterhaltsbedürftig sind. Der Pflichtteil ist aber nur halb so hoch wie der gesetzliche Erbteil. Nach ZGB beträgt er zwei Drittel; er steht aber nur dem Ehepartner und den unterhaltsberechtigten Kindern, Enkeln und Eltern zu.

Keine besondere Übergangsregelung ist für diejenigen vorgesehen, die jetzt noch Pflichtteilsansprüche geltend machen möchten, die nach dem ZGB nicht bestanden (z. B. weil keine Unterhaltsbedürftigkeit vorlag).

Sowohl nach ZGB (§ 396 Abs. 2 S.3) als auch nach BGB (§ 2311 Abs. 1 S.1) wird für die Pflichtteilsberechnung der Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls zugrunde gelegt.

Können frühere Testamente, Erbausschlagungen und Erbverzichte heute noch angefochten, verjährte Pflichtansprüche heute noch geltend gemacht werden?

Manchmal wird in der früheren DDR der Erblasser sein Testament abweichend von seinen eigentlichen Vorstellungen im Hinblick auf Beschränkungen errichtet haben, denen z. B. Verwandte unterworfen waren, die die DDR verlassen haben. Aus den gleichen Gründen können Verwandte im Westen ihr Erbteil ausgeschlagen oder von vornherein darauf verzichtet und selbst Pflichtteilsansprüche nicht geltend gemacht haben. Nach der staatlichen Vereinigung wird gefragt, 4b solche Rechtsgeschäfte jetzt nicht angefochten werden können.

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Meist wird es sich hier um Erbfälle handeln, die vor dem 3. Oktober 1990 in der ehemaligen DDR eingetreten sind und daher dem DDR-Erbrecht unterstellt bleiben. Vor 1976 galt auch in der ehemaligen DDR noch das Anfechtungsrecht des BGB. Ab 1976 wurde es vom ZGB abgelöst, das vor allem viele Anfechtungsfristen verkürzt hat.
Wenn Anfechtungsfristen noch nicht abgelaufen sind, ist es ratsam zu prüfen, ob wirklich ein Anfechtungsgrund vorliegt, und (auch nach vielleicht schon langer Zeit) bewiesen werden kann. Es kann im Einzelfall durchaus zweifelhaft sein, ob Anfechtungsgründe wie Irrtum, arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung der Grund für eine bestimmte Handlung gewesen sind oder ob nicht die politischen Gegebenheiten nur ein Motiv waren, das Rechtsgeschäft so und nicht anders vorzunehmen. Ein bloßer Motivirrtum (wie z. B. die - nunmehr falsche - Annahme, die Teilung Deutschlands werde bestehen bleiben) kann zwar nach § 2078 Abs. 2 BGB ausreichen, um ein Testament anzufechten; ansonsten genügt er aber nicht, um z. B. eine Erbausschlagung, einen Erb- oder Pflichtteils verzicht anzufechten. Selbst die genannte Anfechtungsvorschrift des § 2078 Abs. 2 BGB (wie er bis 1975 in der DDR galt) dürfte letztlich wegen abgelaufener Fristen kaum mehr von Bedeutung sein. Die Umstände werden hier von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Eine eingehende Rechtsberatung empfiehlt sich hier sehr, bevor Ansprüche geltend gemacht werden. Kommt es auf Fristen an und sind diese am 3. Oktober 1990 noch nicht abgelaufen, sind die durch den Einigungsvertrag in das EGBGB eingefügten Übergangsbestimmungen des Artikel 231 § 6 zu beachten. Von Interesse kann dies z. B. sein, wenn die Frist zur Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen (2 Jahre nach Kenntnis des ,Erbfalls und Testamentinhalts, spätestens aber 10 Jahre nach dem Erbfall, § 396 Abs. 3 ZGB) noch nicht abgelaufen ist. Sind ganz besondere Umstände zu erkennen, die einer Rechtsverfolgung in der ehemaligen DDR entgegenstanden, so ist auch an eine Hemmung des Fristablaufs (§ 477 Abs. 1 Nr. 4 ZGB) zu denken. Hierüber werden gegebenenfalls Gerichte unter Würdigung der Tatsachen im Einzelfall zu entscheiden haben.

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Unabhängig von der Frage der Anfechtbarkeit einer Erbausschlagung kann ein Rückübertragungsanspruch nach § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen in Betracht kommen, wenn bebaute Grundstücke und Gebäude aufgrund nicht kostendeckender Mieten und infolgedessen eingetretener Überschuldung durch Enteignung, Eigentumsverzicht, Schenkung oder Erbausschlagung in Volkseigentum übernommen wurden. Solche Ansprüche konnten in der Zeit vom 15. Juli 1990 bis 31. Dezember 1992 (Ausschlussfrist) auch dann noch von einem Erben angemeldet und geltend gemacht werden, wenn er die Erbschaft, zu der das beanspruchte Grundstück gehört, unanfechtbar ausgeschlagen hatte. Der Rückübertragungsanspruch besteht in diesen Fällen bereits dann, wenn der Vermögenswert tatsächlich in Volkseigentum übernommen worden ist. Eine rechtlich einwandfreie Übernahme ist nicht erforderlich: Der Rückgabeanspruch des erstausschlagenden Erben geht den aus den erbrechtlichen Bestimmungen herleitbaren Ansprüchen der nachrangigen Erben vor.

Nachweis der Erbfolge durch Erbschein Fragen nach dem Erbschein werden häufig dann gestellt, wenn der Erblasser im Gebiet der alten Bundesrepublik gestorben ist und Grundvermögen in der früheren DDR hinterlassen hat. Die Fragen betreffen die gerichtliche Zuständigkeit für die Erbscheinserteilung, das für die Erbfolge maßgebliche Recht und die Art und Weise, wie der Erbschein zu erteilen ist. Für den genannten Ausgangsfall gilt Folgendes:

Einheitliche Gerichtszuständigkeit seit dem 3. Oktober 1990

Zuständig für die Erbscheinserteilung ist seit dem 3. Oktober 1990 das Nachlassgericht (siehe "Die Nachlassgerichte") am letzten Wohnsitz des Erblassers (hierzu und zu weiteren Zuständigkeitsregelungen § 73 FGG). Dies gilt in der ganzen Bundesrepublik unabhängig davon, wann und in welchem Bundesland der Erbfall eingetreten war. Soweit vor dem 3. Oktober 1990 Erbscheinsanträge in der ehemaligen DDR gestellt, aber noch nicht erledigt worden waren, mussten diese Verfahren nach dem Beitritt an das nach § 73 FGG zuständige Nachlassgericht abgegeben werden.

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Nachlassspaltung bei Grundvermögen in der früheren DDR weiter zu beachten.

Einheitliche Erbfolge allein nach BGB für den gesamten Nachlass einschließlich in der ehemaligen DDR gelegener Grundstücke tritt bei Tod des Erblassers nach dem 2. Oktober 1990 ein. Hierüber ist der dann übliche und im BGB geregelte Erbschein zu erteilen. Gleiches gilt, wenn der Erblasser vor dem 1. Januar 1976 gestorben ist.

Anders verhält es sich bei Erbfällen zwischen dem 1. Januar 1976 und dem 2. Oktober 1990, wenn ein Erblasser mit letztem Wohnsitz in der alten Bundesrepublik gestorben ist, aber im Gebiet der früheren DDR Grundvermögen hatte. Weil § 25 Abs. 2 des Rechtsanwendungsgesetzes (RAG) der DDR für Grundvermögen in der DDR fremdes Erbrecht nicht gelten ließ und für Altfälle in diese Rechtslage auch nach der deutschen Einigung nicht eingegriffen werden sollte, richtet sich in diesen Fällen die Erbfolge in Grundvermögen, das in der früheren DDR liegt, auch weiterhin nach dem ZGB. Diese sog. Nachlassspaltung kann auch im Verhältnis zu ausländischen Staaten (z. B. Frankreich) auftreten und wurde und wird vom EGBGB akzeptiert.

Erbscheine bei Nachlassspaltung

Bei Nachlassspaltung ist meist von Interesse, welcher Erbschein zum Nachweis des Erbrechts des in der ehemaligen DDR gelegenen Grundvermögens benötigt wird:

- Ist bereits in der ehemaligen DDR ein gegenständlich beschränkter Erbschein erteilt worden, reicht dieser Erbschein nach wie vor aus;

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- liegen noch keinerlei Erbscheine vor, genügt ein vom zuständigen Nachlassgericht für dieses Grundvermögen erteiltes Erbzeugnis (dieses kann sich allein auf das Grundvermögen beschränken, es kann aber auch ein gewöhnlicher Erbschein sein, der nach § 107 der Kostenordnung gegen eine nur nach dem Grundvermögen bemessene Gebühr erteilt und dem Grundbuchamt (Liegenschaftsdienst) unmittelbar übersandt werden kann).

- Nicht ausreichend ist in der Regel ein Erbschein, der in den alten Bundesländern bereits vor dem 3. Oktober 1990 erteilt wurde. In einem solchen Erbschein wurde auf den Erbfall nur BGB, nicht aber ZGB bezüglich des in der ehemaligen DDR gelegenen Grundvermögens angewandt; er gibt daher dem Grundbuchbeamten nicht ohne weiteres die notwendige Sicherheit, dass sich das Grundvermögen so wie angegeben vererbt hat. In diesen Fällen muss das Nachlassgericht noch die Erbfolge in das Grundvermögen gemäß ZGB bezeugen.

Wird ein Erbschein wegen in der ehemaligen DDR gelegener Grundstücke (oder Rechte an ihnen) beantragt, sollte der Zweck beim Erbscheinsantrag genannt werden; das Nachlassgericht kann dann prüfen, ob es auf dem Erbschein klarstellende Hinweise anbringen soll und ob für den Antragsteller günstigere Gebühren in Betracht kommen.

Die Nachlassgerichte

In der DDR waren für Nachlassangelegenheiten wie Verwahrung und Eröffnung eines Testaments, Erteilung von Erbscheinen, Bestellung von Testamentsvollstreckern, Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie Vermittlung bei der Aufteilung des Nachlasses die Staatlichen Notariate zuständig. Mit dem 3. Oktober 1990 sind die Staatlichen Notariate aufgelöst worden. Zuständig sind im gesamten Bundesgebiet die Nachlassgerichte. Die Nachlassgerichte sind Abteilungen der Amtsgerichte (in Baden-Württemberg: Notariate). Die Amtsgerichte in den fünf neuen Ländern haben die Nachlassakten der Staatlichen Notariate übernommen und führen die dort anhängigen Verfahren fort.

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Vor den Nachlassgerichten besteht kein Anwaltszwang. Die rechtsuchende Bürgerin oder der rechtsuchende Bürger kann Anträge, insbesondere auf Erteilung von Erbscheinen, beim Nachlassgericht selbst stellen. Wegen der Überlastung der Nachlassgerichte in den fünf neuen Ländern kann es sich aber in vielen Fällen empfehlen, die für die Erteilung des Erbscheines in aller Regel erforderliche eidesstattliche Versicherung nicht von dem Nachlassgericht, sondern von einer Notarin oder von einem Notar beurkunden zu lassen. Beurkundet wird dann wie üblich auch der Erbscheinsantrag. Zusätzliche Gebühren entstehen nicht.

Gebühren Wenn Ihr Wohnsitz im Beitrittsgebiet liegt und ein dortiger Notar oder ein dortiges Nachlassgericht gebührenpflichtige Handlungen vornimmt (siehe Beispiele in dem Abschnitt Todesfall - was ist zu beachten - Erbschein), ermäßigen sich die von Ihnen zu zahlenden Gebührenbeträge (siehe Beispiel in dem Abschnitt "Das öffentliche Testament") um 10%.

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