Das Testament

Auch schon in jungen Jahren muss man damit rechnen, einer todbringenden Krankheit oder einem Unfall zum Opfer zu fallen. Wer sicher sein möchte, dass sein Vermögen dann in den richtigen Händen landet, sollte sich rechtzeitig Gedanken über die Verteilung machen. Ab gesehen von anderen nützlichen Vorkehrungen für den Todesfall, z B. einer vertrauten Person eine "Kontovollmacht über den Tod hinaus" zu erteilen, damit diese die ersten anfallenden Kosten bis zur Erteilung eines Erbscheins abdecken kann, sollten Sie sich vor allem überlegen, ob Sie ein Testament errichten wollen. Wird kein Testament hinterlassen, tritt gesetzliche Erbfolge ein. Für Ihre Entscheidung müssten Sie also erst einmal wissen, wer Sie beerbt, wenn kein Testament vorhanden ist.

Kein Testament vorhanden - wer erbt?

Nach dem deutschen Erbrecht erben grundsätzlich nur Verwandte, also Personen, die gemeinsame Eltern, Großeltern, Urgroßeltern, aber auch noch entferntere gemeinsame Vorfahren haben. Nicht in diesem Sinne verwandt, und daher von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, sind Verschwägerte: z. B. Schwiegermutter Schwiegersohn, Stiefvater, Stieftochter, angeheiratete Tante, angeheirateter Onkel; denn mit diesen hatte die verstorbene Person (das Gesetz spricht vom "Erblasser") keine gemeinsamen Vorfahren.

Eine Ausnahme ergibt sich bei der Adoption (Annahme als Kind). Sie bewirkt grundsätzlich ein umfassendes gesetzliches Verwandtschaftsverhältnis zu den Annehmenden und deren Verwandtschaft, mit allen Rechten und Pflichten. Die Adoptivkinder sind daher den leiblichen Kindern in der Regel gleichgestellt (einige Besonderheiten kann es bei der Adoption volljähriger "Kinder" geben).

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Eine weitere Ausnahme vom Grundsatz der Verwandtenerbfolge besteht nur für Ehepartner, die, obwohl sie regelmäßig nicht miteinander verwandt sind, also keine gemeinsamen Vorfahren haben, dennoch ein eigenes Erbrecht in Bezug auf ihren Partner haben. Sind die Ehepartner geschieden, besteht kein Erbrecht. Unter bestimmten Voraussetzungen gilt dies auch bereits bei in Scheidung lebenden, Ehepartnern.

Auch Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gelten vom Gesetz her als nicht erbberechtigt.

Nun sind jedoch nicht alle Verwandten in gleicher Weise erbberechtigt. Das Gesetz teilt sie in Erben verschiedener Ordnung ein:

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1. Gruppe

Zu den Erben dieser so genannten 1. Ordnung gehören nur die Abkömmlinge des Verstorbenen, also die Kinder, die Enkel, die Urenkel etc.

Nichteheliche Kinder* gehören dann zu den gesetzlichen Erben ihrer Väter und Verwandten von väterlicher Seite', wenn sie nach dem 30. Juni 1949 geboren sind (vgl. jedoch auch den Abschnitt "Das Erbrecht in den neuen Bundesländern").

Soweit es jemanden gibt, der zu dieser Gruppe der besonders nahen Verwandten gehört, gehen alle entfernteren Verwandten leer aus und können nicht am Erbe teilhaben, wenn Sie kein Testament errichtet haben.

Beispiel:

Der Erblasser hat eine Tochter und zahlreiche Neffen und Nichten. Die Neffen und Nichten erben nichts.

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* Mit dem Erbrechtsgleichstellungsgesetz, das am 1. April 1998 in Kraft getreten ist, wurden die für den Bereich der alten Bundesländer für nichteheliche Kinder zuvor geltenden Sonderbestimmungen (Erbersatzanspruch und vorzeitiger Er hausgleich) beseitigt.

Die Kindeskinder, also die Enkel, Urenkel usw., können regelmäßig nur dann etwas erben, wenn ihre Eltern bereis verstorben sind oder selbst das Erbe nicht annehmen wollen.

Beispiel:

Die Verstorbene hatte eine Tochter und weiterhin drei Enkelkinder, die von einem bereits verstorbenen Sohn abstammen. Die Tochter erhält die Hälfte des Erbes, während die Enkelkinder sich die andere Hälfte - nämlich die Hälfte, die auf ihren Vater entfallen wäre - teilen müssen. Jedes Enkelkind erhält also 1/6 des Erbes.

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2. Gruppe

Erben der 2. Ordnung sind die Eltern des Verstorbenen und deren Kinder und Kindeskinder, also die Geschwister und die Neffen und Nichten des Erblassers. Auch hier gilt, dass die Kinder eines zunächst Erbberechtigten, der jedoch bereits verstorben ist, das Erbteil ihres verstorbenen Vaters oder ihrer verstorbenen Mutter übernehmen.

Beispiel:

Ein Erblasser hinterlässt eine Nichte und einen Neffen. Geschwister und Eltern sind vorverstorben.

Die Nichte und der Neffe erben folglich zu je 1/2.

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Verwandte der 2. Ordnung können nur dann erben, wenn keine Verwandten der 1. Ordnung vorhanden sind.

3. und weitere Gruppen

Die 3. Ordnung umfasst die Großeltern und deren Kinder und Kindeskinder (Tante, Onkel, Cousin, Cousine usw.), die 4. Ordnung die Urgroßeltern und deren Kinder und Kindeskinder usw. Die Erbfolge richtet sich im Wesentlichen nach denselben Regeln wie für die bisherigen Gruppen. Ab der 4. Ordnung treten allerdings für bereits verstorbene Abkömmlinge nicht mehr deren Abkömmlinge ein; vielmehr erben nun grundsätzlich der oder die Nächstverwandten allein (Über gang von der Erbfolge nach Stämmen zum Gradualsystem).

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Immer gilt:

Ist nur ein Verwandter oder eine Verwandte aus einer vorhergehenden Ordnung noch am Leben, schließen diese alle möglichen Erben einer ferneren Ordnung aus.

Der Ehepartner

Die überlebende Ehefrau oder der überlebende Ehemann sind - unabhängig vom ehelichen Güterstand - neben Abkömmlingen zu 1/4, neben Verwandten der zweiten Ordnung (also Eltern, Geschwistern, Neffen oder Nichten des Erblassers oder der Erblasserin) und neben Großeltern zu 1/2 gesetzliche Erben.

Haben die Eheleute im "gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft" gelebt (dieser gilt immer dann, wenn kein anderer Güter- stand in einem Ehevertrag zwischen den Eheleuten vereinbart worden ist), so erhöht sich der oben angegebene Erbteil um 1/4.

Beispiel:

Der Erblasser hinterlässt seine Ehefrau, mit der er im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebte, sowie seine Eltern.

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Die Ehefrau erhält 3/4 (1/2 + 1/4) und die Eltern als Erben 2. Ordnung je 1/8 des Nachlasses. Zusätzlich erhält die Ehefrau (neben Verwandten der 2. Ordnung oder neben Großeltern) den so genannten "Großen Voraus", der regelmäßig alle zum Haushalt gehörenden Gegenstände umfasst, sowie die Hochzeitsgeschenke (neben Verwandten der 1. Ordnung erhält der überlebende Ehepartner als gesetzlicher Erbe diese Gegenstände nur, soweit er sie zur Führung eines angemessenen Haushalts benötigt.

Sind weder Verwandte der 1. oder der 2. Ordnung noch Großeltern vorhanden, erhält der überlebende Ehepartner die ganze Erbschaft.

Erbrecht des Fiskus

Ist weder ein Ehegatte vorhanden noch ein Verwandter festzustellen, wird der Staat gesetzlicher Erbe. (Seine Haftung beschränkt sich grundsätzlich auf den Nachlass.)

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Soll man ein Testament machen?

Am besten nehmen Sie jetzt einmal Papier und Bleistift zur Hand und zeichnen sich auf, wer Erbe sein würde, wenn Ihnen heute etwas zustieße. Befriedigt Sie das Ergebnis? Oder haben Sie vielleicht ein Stiefkind, welches Sie nicht ohne Erbteil zurücklassen wollen; viel leicht wollen Sie einen Teil Ihres Besitzes einer wohltätigen Organisation "vermachen"? Vielleicht wollen Sie aber auch nur verhindern, dass Ihre Ehefrau bei Ihrem Tod die kostbare Briefmarkensammlung verkaufen muss, weil Ihr missratener Neffe Theodor zu 1/4 erbberechtigt ist? In all diesen Fällen müssen Sie ein Testament errichten.

Die Errichtung eines Testamentes ist in jedem Falle auch dann sinn voll, wenn größere Werte auf dem Spiel stehen, die Nachfolge eines gewerblichen Unternehmens geregelt werden muss oder eine unwirtschaftliche Verteilung des Nachlasses unter eine Vielzahl gesetzlicher Erben vermieden werden soll.

Auch junge Ehepaare sollten schon bei der Eheschließung überlegen, wer Erbe sein soll, wenn einem der Ehepartner plötzlich etwas zu stößt, denn meistens verfügen auch junge Leute bei der Heirat bereits über gewisse Vermögenswerte, z.B. Pkw, Hausrat, Sparbuch usw.. Soll der überlebende Ehepartner allein erben dann müssen Sie ein Testament machen denn nur mit einem Testament können Sie verhindern dass die gesetzliche Erbfolge wie wir sie Ihnen oben erläutert haben Anwendung findet. Ein Testament geht der gesetzlichen Erbfolge immer vor.

Testament vorhanden - wer erbt?

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Hat der Verstorbene ein Testament hinterlassen, so überlagert dies die Vorschriften über die gesetzliche Erbfolge. Es erben also nur diejenigen die im Testament erwähnt werden. Hiervon gibt es nur eine Ausnahme: Die Pflichtteilsberechtigten können nicht ganz übergangen werden. Sie haben regelmäßig auch bei einem anders lautenden Testament Anspruch auf den so genannten Pflichtteil (wegen der Möglichkeit der Entziehung des Pflichtteils, siehe "Was kann man in einem Testament alles regeln?").

Was ist das: Pflichtteil?

Die nächsten Angehörigen können durch Testament enterbt werden. Es ist jedoch seit jeher als ungerecht empfunden worden, wenn in einem Erbfall der überlebende Ehepartner, die Kinder und Kindeskinder oder die Eltern, wenn diese ohne die testamentarische Verfügung gesetzliche Erben geworden wären, gar nichts erhalten. Deshalb sichert der Gesetzgeber diesem eng begrenzten Personenkreis den so genannten Pflichtteil zu. Die Pflichtteilsberechtigten haben gegen den oder die testamentarisch eingesetzten Erben einen Anspruch auf Geldzahlung in Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils.

Beispiel:

Die Erblasserin hinterlässt ihren Ehemann, mit dem sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebte, sowie eine Tochter. Die Erblasserin setzt ihren Ehemann testamentarisch als Alleinerben ein. Der Nachlasswert beträgt € 50.000,-.

Die Pflichtteilsquote der Tochter beträgt 1/4 (neben dem Ehemann, der mit der Erblasserin im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebte, beträgt der gesetzliche Erbteil der Tochter 1/2). Um die Höhe des Geldanspruchs zu bestimmen, muss die Pflichtteilsquote mit dem Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls multipliziert werden. Die Tochter kann gegen den Ehemann somit einen Pflichtteilsanspruch in Höhe von € 12.500 (1/4 x 50.000) geltend machen.

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Den Pflichtteilsanspruch kann der Erblasser auch dadurch nicht vereiteln, dass er die Pflichtteilsberechtigten zwar in seinem Testament bedenkt, aber auf weniger als die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils einsetzt. In diesem Fall hat der Pflichtteilsberechtigte einen Anspruch auf einen Zusatzpflichtteil bis zur Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils.

Beispiel:

Der Erblasser setzt seine Ehefrau, mit der er im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebte, zu 7/8 und seine Tochter zu 1/8 testamentarisch als Erben ein. Der Nachlasswert beträgt € 400.000,-.

Die Pflichtteilsquote der Tochter beträgt 1/4 (= € 210.000,-). Da sie aber bereits testamentarisch mit € 50.000,- (1/8 von 400.000,-) bedacht ist, hat sie einen Anspruch auf einen Zusatzpflichtteil in Höhe des fehlenden Wertes (€ 50.000,-).



Pflichtteilsansprüche sind innerhalb von drei Jahren von dem Zeit punkt an, in welchem die Pflichtteilsberechtigten von dem Eintritt des Erbfalls und von der sie beeinträchtigenden Verfügung Kenntnis er langt haben, spätestens jedoch innerhalb von dreißig Jahren nach dem Erbfall, geltend zu machen.

Ist das Testament gültig?

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Haben Sie sich zur Abfassung eines Testaments entschlossen, so beachten Sie bitte, dass es bestimmte Formerfordernisse gibt, bei deren Nichtbeachtung das Testament ungültig sein kann. Das eigenhändige Testament muss vom ersten bis zum letzten Buchstaben handschriftlich verfasst und unterschrieben sein (siehe "Wie macht man sein Testament"). Ist das Testament mit Schreibmaschine oder Computer geschrieben worden oder fehlt die Unterschrift oder ist es etwa auf Band gesprochen worden, so ist das Testament ungültig mit der Folge, dass nur die gesetzlichen Erben zum Zuge kommen. Ehepaare dürfen auch ein gemeinschaftliches Testament errichten. In diesem Falle müssen beide das von einem der Ehegatten eigenhändig geschriebene Testament unterschreiben (siehe "Was ist ein gemeinschaftliches Testament"). Kein Testament machen dürfen Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren. Von 16 bis 18 Jahren darf man zwar bereits Vorsorge für seinen Todesfall treffen, jedoch nur mit einem öffentlichen Testament, d.h. das Testament kann nur bei einer Notarin oder einem Notar er richtet werden.

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